Man hat Spass bei der Anfahrt: Es geht donnernd über einen Feldweg, der den beiden Passagieren im Fond den einen oder andern kraftvollen Stoß versetzt und das Hundsvolk dazu veranlasst besonders unangenehme Gerüche auszuwerfen. Der Beifahrer mit Pfeife befolgt unaufmerksam die Anweisung des Fahrers, doch bitte zum Selbstschutz das Seitenfenster zu schließen - bestachelte Zweige schrammen bereits am Fahrzeug entlang - und wendet sich umgehend erneut dem eigentlich schon längst vergessenen Garmin zu. Nicht nur der Weg ist das Ziel.
Kalter Nebel breitet sich vor den Helden aus.
Die Höhe des Mittelstreifenbewuchses steigt von wenigen Zentimetern auf eine beachtliche
Höhe von einem Meter und mehr. Unter solchen Umständen ist klar, dass die Geschwindigkeit
gesteigert wird. Ja sogar gesteigert werden muss.
Gross ist die Freude, dass das Fahrzeug "über der Vorderachse" zwar sehr hoch ist,
jedoch nicht über 1,30 Meter - denn sollte diese magische Höhe überschritten werden,
zieht der Slowene - seines Zeichens hochqualifizierter -Europäer
wie die meisten anderen auch - seit kurzem 40 Euro Maut ein. Zumindest von denen,
die auf der Autobahn fahren - welche selbstverständlich zu 100% von Brüssel bezahlt
wurde. Und woher Brüssel das Geld hat ist eh' klar. Hoffentlich finden alle
und
einen Weg an Slowenien vorbei - nicht dass sie völlig überschuldet
bei
ankommen und so ihren Kaffee wie arme Leute bei Starbucks trinken
müssen.
Unaufhaltsam bricht die hohe und teure Motorhaube durch die Vegetation. Das Licht dringt kaum durch den dichten Bewuchs. Wohl auch wegen dem dichten Nebel...
Die Kälte treibt die Helden umgehend in ihre
Schlaze. Der fast undurchdringliche Weg zum Loch ist mit ca. 50 Metern Länge gerade
noch ohne Pause zu schaffen, dennoch Murren in der Mannschaft. Es hätte durchaus
noch ein wenig näher ans Loch gefahren werden können. Dann die üblichen Diskussionen
zum Thema Seileinbau. Die Argumente des zertifizierten Höhlenretters
werden ausführlich dargelegt - und dienen wie immer nur dem Verzögern des
Unausweichlichen: Es wird gemacht wie
und Wipplinger entscheiden.
Und das schnell. Denn es wird kälter.
Unten angekommen beginnt Frau Bartos ungefragt
damit, JEDEN verfluchten Stein umzudrehen, und nach Hühner-, Tauben-,
Fuchs-, Fledermaus-, Menschen-, oder Lurchknochen zu suchen. Bilder die sich in die
Netzhaut einbrennen: Eine
Frau, die mit grösster Freude kopfüber
zwischen dem Geröll nach wertlosen Knochen sucht. Eine meinungsbildende Anmerkung
des Autors: Es existieren inzwischen 7.2 Milliarden LEBENDE Menschen
auf diesem Planeten. Es dürfte klar sein, dass selbst im Ansatz bisher nicht so viele
Coca-Cola-Dosen produziert wurden. Also wenn schon wertloses gesammelt werden muss,
dann doch besser Cola-Dosen. Oder Bananenschalen. Oder auch Hundekottüten.
Als endlich irgendwelche Knochen gefunden werden,
die von der Ferne wie menschliche Oberschenkelknochen wirken, steigert sich die Stimmung
zum Rausche. Hurra! Ein karger Rest eines Toten! Der Autor wendet sich gähnend ab,
und dringt weiter in den Hohlraum ein, während das Glücksgeschrei der Restmannschaft
hinter ihm langsam - sehr langsam - leiser wird.
In erholsamer Stille schläft Herr Wipplinger ein ... und schreckt auf, als weitere Freudenschreie in seiner unmittelbaren Nähe ausgestossen werden. Offenbar wurden VIER Ziegenschädel gefunden. Und sogar ein Stück noch nicht ganz verrottete Kacke. Das Glück ist perfekt.
Inzwischen ist man - ob der permanenten Freude
quasi unbemerkt von sich selbst - an der tiefsten Stelle im Loch angekommen. Ein
großer, flacher Raum, in dem zunächst das Ende erreicht zu sein scheint. Doch hier
findet sich die von langer Hand angekündigte "narrow passage", die beinahe umgehend
in Angriff genommen wird.
Am Ende des Schlufs stehen die Helden ein wenig ausser Atem in feuchtem Lehm, und blicken auf bis dato umbeschrittenen typisch slowenischen Glitzersinter. Hier hätte der CaveSeeker - wie schon so oft - unter normalen Umständen die Segel gestrichen. Aber der einheimische Geheimathlet schritt bereits behende über zahlreiche Sinterbecken und gestikulierte von der Ferne man solle ihm doch folgen.
Hin- und hergerissen entledigt sich der CaveSeeker seines verlehmten Schuhwerkes und schreitet in sauberen Socken weiter voran. Von den angekündigten "crystals" ist weit und breit nichts zu erkennen - bis auf den gesamten Bodenbereich, der im Lichte der Scurions "einem Feuerwerk gleich" in den Augen brennt.
Der Fotoapparat wird ausgepackt als ein "Kristallspitzenstalaktit" im ortstypisches design - braun mit scharfer Spitze - entdeckt wird. Endlich werden auch die zahlreichen kristallbesetzten Sinter-Perlen gewürdigt, die in den noch zahlreicheren Sinterbecken ihrer Ablichtung harren.
Man befindet sich nun bereits länger als 60 Minuten
im Loch. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass die generelle
-Hektik beginnt. Zunächst nur vom Fachmann als solche erkennbar. Doch schon wenige
Minuten später in voller Ausprägung. Darum hetzt man weiter hinter
her, welcher im Dunkeln in der dicken Endhalle im Dreck zum Halt gekommen ist. In
dieser Halle findet sich ausser leicht mit Sinter überzogem Baatz nichts weiter von
Interesse.
Die -Hektik nimmt zu. Wird sie befeuert von starkem Harndrang?
Angst den Ausgang nicht zu finden? Angst vor dem Aufstieg? Angst vor plötzlich steigendem
Wasser? Oder vor dem eigenen plötzlichen Kindstod mit knapp unter Fünfzig? Erst später
wird klar werden, dass dieses Mal starker
der Vater
der Hektik war. Also: Rückzug.
Die Hektik ist unerträglich. Nur an jeweils neu aufgefundenen Knochen entspannt sich die Situation kurz - und unter Androhung von Gewalt muss der weisse Bilderstellungssklave Bilder von den selben anfertigen. Aus allen "Perspektiven".
Als der Autor dann endlich als letzter an der Oberfläche ankommt, begrüßt ihn wunderbares Wetter: Unter 0 Grad bei Vollmond. Und ein entspanntes Gesicht. Die Hektik ist verflogen.