Um dem Alltagsfrust zu entkommen, gibt es mehrere Möglichkeiten.
Eine Option ist, sich einen Kasten Bier zu besorgen und diesen dann auf Ex zu saufen.
Andere - dem Alkohol abgeneigte Zeitgenossen - könnten sich etwa über einem ICE-Tunnelportal
abseilen und die Reaktion des Zugführers testen. Beides ist lustig, bringt aber nicht
wirklich weiter. Wieder andere - wie zum Beispiel echte CaveSeekers - raufen nach
einem harten Arbeitstag ihre Grundausrüstung zusammen und bekriechen irgendwelche
Löcher um von dunklen auf finsteren Gedanken zu kommen.
Da wir die Sachen mit dem Bier und den Tunnelportalen für
langweilig hielten, trafen wir uns also spontan und deshalb auch pünktlich auf einem
Baumarktparkplatz bei Lauf, um dann gemeinsam mit dem Höhlenmuli in Richtung des
zu infizierenden Hohlraumes vor zustoßen. Nach einer halben Stunde Fahrt trafen wir
ohne Sucherei und ohne Navi am Ort der Frustbekämpfung ein. Ein Wald wie aus einem
Kindermärchen empfing uns. Von Efeu umrankte Bäume und Felsen säumen den Höhleneingang,
welcher - für Franken eher untypisch - unverschlossen in einer Felsspalte auf uns
wartet. Schon wenige Meter nach dem Zugang jedoch holt uns die Realität aus dem Märchen
zurück. Ein toter Steinmarder liegt mitten im Höhlengang. Keine Spuren an dem Tier
deuten auf einen Kampf hin. Altersschwäche? Oder doch der böse Wolf? Man weiß es
nicht.
Nach einer kurzen Gedenksekunde und der dann doch verworfenen
Idee, den Kadaver wegen einer anstehenden Geruchsbelästigung vor den Hohlraum zu
bringen, schritten wir weiter in den Berg. Extra für alte Männer und Frauen angebrachte
Stufen leiteten uns in die Tiefe. Der durch Fackelruß schwarz gestaltete Gang änderte
auch in der bald erreichten einzigen größeren Halle nicht seine Farbe. Lediglich
einige frisch nachwachsende Sinter zeigten sich in jungfräulichem Weiss. Einige verschieden
große, ebenfalls in Schwarz- und Grautönen gehaltene Sinterbecken, darunter auch
welche mit Wasser, zeigen sich dem aufmerksamen Betrachter. Farbspeziefisch ähnelt
der gesamte Hohlraum einer gut trainierten Raucherlunge. Nur in einigen engen Seitenspalten
wird dem Bekriecher offenbar, welche Farbvarianten vor der großangelegten Fackelberußung
vor herrschten.
Nachdem sich Starfotograph Kreil ausgetobt und die erstaunlichsten
Dinge abgelichtet hatte, drangen wir weiter in den Berg vor. Einer vom Hauptraum
abzweigenden Nebenkluft tiefer folgend, trafen wir auf eine mit einem leider trockenen
Sinterbecken verzierte Kammer. Diese muß aufgrund der nicht rußgeschwärzten Wände
erst später entdeckt worden sein - leider nicht von uns. Aber wir können uns ja auch
nicht um alles kümmern. Den Boden dieser Kammer bedeckte feucht, lehmiger Sand, ein
Hinweis auf periodische Wasseransammlungen? Eine noch tiefer führende enge Spalte,
welche in eine lehmbedeckte und auch versinterte weitere kleine Kammer führt, konnte
auf Grund der wohlgenährten Ranzen der Kameraden Krautmann und Klampfl wieder einmal
nur von Oberkriecher Kreil bekrochen werden. Möglich ist auch, dass nicht nur der
Körperumfang, sondern auch eine Art Gelenkstarre - wie sie bei alten Männern oft
auftritt - die Befahrung verhinderte.
So blieb es also Herrn Kreil vorbehalten, in diesem Enddarm
der Höhle rätselhafte, aus Lehm geformte Beschriftungen zu entdecken und diese ohne
Blitzschlampenhilfe zu dokumentieren. Auf dem Rückweg konnte Herr Klampfl eine im
Gewölbe der Haupthalle befindliche Spalte nicht außer acht lassen und beschloß -
auch um der eigenen Senilität vorzubeugen - diese zu besteigen. Wenige Meter höher
öffnete sich diese Spalte in einem flachen, schräg gewölbten Raum, an dessen Decke
kleine Sinterröhrchen wachsen. Eine am anderen Ende des Raumes gelegene Kluft führt
wieder auf den Hauptgang zurück. Als auch dieser Teil des Hohlraumes erfolgreich
abgelichtet war, entschloßen wir uns zum entgültigen Rückzug. Am immmer noch nicht
stinkendem Marderkadaver vorbei erreichten wir wenig später und vom Wochenfrust geheilt
den Ausgang. Auf die ansonsten übliche Nachbesprechung bei Weib, Bier und Gesang
wurde ausnahmsweise verzichtet.
Fazit: Auch ohne Alkohol lohnt ein Besuch dieser kleinen Höhle. Manche sollen danach das Rauchen aufgegeben haben.