Der erste Blick auf den Fenster lässt Hoffnung auf einen angenehmen Tag aufkeimen. Doch schon beim Öffnen der Balkontür, bei dem die auf wohlige 23 Grad gekühlte Hotelzimmerluft schlagartig den Raum verlässt, ist klar, was gespielt werden wird.
Mit Hilfe der guten Li Leah waren schnell zwei "Motorbikes" gemietet, und die Fahrt in und durch den Busch begann. Zunächst noch auf geteerten Strassen - unter Bedingungen, die nicht beschrieben werden brauchen weil sie einfach unglaublich sind - danach auf Schotterpisten und Schlußendlich durch den Dreck, kamen wir an einer (offenbar gibt es mehrere) Ticketverkaufsstation an.
Die Sonne lacht, als der Fahrer eines Busses demonstrierte, dass er in der Lage ist, Schwerelosigkeit zu erzeugen - ganz ohne Parabelflüge. Kurz bevor auch echten Chinahelden das Lachen vergangen wäre, kam man ein wenig unsicher auf den Beinen am Parkplatz vor dem Loch an.
Auch hier lacht der Chinese, und zwar über den Europäer, welcher mit Schuhgröße 47 alle gängigen Größenordnungen sprengt. So wird diesem kurzerhand ein Model der Größe 43 verkauft - für 50 Euro-Cent - und alles wird gut.
Bekleidet mit Sandaletten fährt man nun ins Loch ein. Im Inneren Temperatur nimmt zügig um 25 Grad ab. Dies verschafft ein wenig Erleichterung, aber auch die verbliebenen 19 Grad im Hohlraum machen manchen noch zu schaffen.
Eingehende Analysen haben ergeben, dass der Chinese aufgrund seiner Bildsprache vermehrt in Bildern denkt, und sich zu allem und jedem ein Bild macht. So auch zu jeder Art von Sinterform. Kein Wunder also, dass es offenbar in jeder chinesischen Höhle einen Mao gibt, ein paar Affen und auch Angela Merkel. Das nervt. Insbesondere dann, wenn man permanent über Gebilde trampelt, die - jedes für sich genommen - einen tausendjährigen Verschluss der Höhle provoziert hätte - wäre die Höhle in Franken und das Gebilde vom zertrampeln bedroht.
So hetzt der Chinese von einem Budda zum Nächsten, erfreut sich an der "Chinese Beauty" und schwingt seinen salzigen Körper anschließend in ein 6x6 Meter großes, und ca. 1m tiefes vollständig intaktes und mit Wasser gefülltes Sinterbecken.
Aus akutem Zeitmangel (Projekt "Guilin in zwei Tagen") wurde der Rückzug der Europäer aber noch erhebliche schneller Durchgeführt. Nach ca. 25 Minuten sass man schwitzend vor dem Bus und wartete auf dessen Abfahrt.
Freudestrahlend erklärte Li Leah, sie habe drei Stunden auf uns warten müssen - im Schatten einer kleinen Holzhütte. Keine einzige Schweissperle auf ihrer Stirn. Parallel dazu hatte sie sich um die Reparatur eines der beiden "Motorbikes" gekümmert. Schön eigentlich.