Am Anfang war das Wort - zumindest begleitet dieser Irrglauben einfach gestrickte Geister ihr Leben lang.
Doch in Wirklichkeit war alles ganz anders.
Herbst 2006: Herr Arendt findet ein Fahrrad. Kaputt, aber noch zu gebrauchen. Aus Angst, der Kommunismus könne doch noch siegen oder Germanien zu einer Provinz Rotchinas verkommen, nimmt er es vorsorglich mit. Noch weiss er es nicht, aber diese paranoide Tat wird die Welt verändern: Die CaveSeekers werden schlimme Spießer.
Sommer 2007: Deutschland steht still. Die Eisenbahner streiken für die Abschaffung der Sommerzeit. Das Benzin wird rationiert, Fahrraddiebstahl wird mit der Verbannung nach Ostdeutschland und anschließender Sicherheitsverwahrung in einer national befreiten Zone bestraft. Herr Arendt wittert das Geschäft seines Lebens und verhökert skrupellos den halbtoten Drahtesel an einen ahnungslosen Kameraden.
Der Feldwebel bekommt Wind von der geplanten Übergabe der heißen Ware und ergreift die Gelegenheit, diese Hanswurste zur Zwangsarbeit in der oberpfälzer Ödniss zu nötigen.
Das Unheil nimmt seinen Lauf.
Die Aufgabe schien leicht - einfach durch den Ort bis zu einer
Baustelle fahren und ein paar Bretter wegräumen. Bis zur Baustelle war es auch verdächtig
leicht, nach fast zwei Stunden Schinderei in der prallen Sonne hatten die beiden
Herren einen Sonnen stich in fortgeschrittenem Stadium sowie ihr
Mobil aus dem Krater, in dem die Straße abrupt geendet hatte, beinahe freigegraben.
Am frühen Nachmittag gelang es ihnen dann doch tatsächlich, auch den abgerissenen
Auspuff zu bergen.
Dann nahmen sie den Geruch war. Es war ein herber,
männlicher Duft nach sehr alter, ungefähr nie gewechselter Wäsche, eingetrockneten
Körperflüssigkeiten und Bahnhofsklo. Er schien direkt aus dem Berg vor ihnen zu strömen.
Mit grünen Gesichtern und schlimmen Vorahnungen näherte man sich der auf keiner Karte
verzeichneten Erhebung.
Als einzig gedienter wagte Ex - Fallschirmjäger Kreil den Vorstoß auf das Objekt,
Herr Arendt hatte sich mit dem Vorwand abgesetzt, den Auspuff wieder anbauen zu müssen.
Er kam erst wieder zum Vorschein, als Soldat Kreil gehorsamst meldete, nicht auf
das Sommerlager der - Family gestoßen zu sein, sondern nur auf den
Sperrmüllhaufen unserer Messias/Feldwebel-Kombination.
Dieser wählte geschickt diesen Augenblick allgemeiner Erleichterung für sein Erscheinen, nicht über das Wasser laufend - dafür war nicht genug da - aber nicht weniger eindrucksvoll, wie in billigen Horrorfilmen mit Vollschutz und Kettensäge bewaffnet.
Der Einsatz dieses Werkzeugs erwies sich als schwerer Fehler,
weil es den Millionen im morschen Holz nistenden kleinen, großen und entsetzlich
großen Ameisen nicht viel anhaben konnte, sondern sie zum einen sehr wütend machte
und zum anderen diese jetzt zu allem entschlossenen Killerinsekten überall verteilte.
Überwiegend in der Luft, von wo sie auf die Köpfe der Handlanger regneten und sich
dort verbissen.
Das von einem metallischen Kreischen begleitete Dahinscheiden des Ameisenzerstäubers lieferte einen ersten Hinweis auf das Vorhandensein großer Nägel im Holz. Die Ahnung wurde zur Gewissheit, als Herr Arendt endlich einmal die Klappe hielt und mit Augen wie zwölfer Kesselnieten auf seinen Huf glotzte. Die anderen glotzten auch, weil es herauszufinden galt, wie man mit einem Gummistiefel ein dickes Brett hochheben kann. Von oben.
Der Trick mit dem Festtackern erschien ihnen dann doch zu billig und sie schickten den Nachwuchsmagier zum nächsten Arzt, offensichtlich hatte er zu lange in der Sonne gestanden.
Die dadurch eingetretene Ruhe war nur von kurzer Dauer. Die
in unmöglichem Dialekt gestellte Frage, welcher Kasper eigentlich den Schlüssel zu
der freigelegten Tür hat, bewies, das auch an einem Mittwochnachmittag außerhalb
jeglicher Zivilisation mit dem Funktionieren des deutschen Gesundheitssystems gerechnet
werden muß.
Das peinliche Schweigen des Verkünders bewies wiederum, das die Gehirnleistung jenseits der 40 rapide abnimmt.
Immerhin fiel ihm noch ein, wer einen haben könnte. Bereits der dritte Versuch war erfolgreich und man fand sich in Gesellschaft eines ohne Übersetzer kaum verständlichen Fachmannes wieder, der offenbar noch mehr Hohlräume kannte als Herr Heumann. Unvorstellbar.
Während sich der Feldwebel höflich dessen Lebenslauf, eine
kurze Einführung in die Erdgeschichte, den Verlauf der letzten Spielsaison des 1.FCN
und die Herkunft eines jeden von uns so achtlos weggeworfenen Holzstücks erläutern
lies, verschwanden die Herren Kreil und Arendt im Loch. Die Erstbefahrung verlief
wenig ruhmreich und wurde abgebrochen, bevor es zum Totalausfall des Herrn Arendt
kommen konnte. Der litt unter Kopfschmerzen und völliger Orientierungslosigkeit -
nicht wegen einer Blutvergiftung, sondern weil er ohne Helm und Licht den Maulwurf
spielte. Offensichtlich also doch zuviel Sonne.
Mit dem Schlüssel in der Tasche und damit im Besitz der ersten CaveSeekers Immobilie stiegen erste Anzeichen von Unwohlsein auf - gehört man von nun an zum Establishment, oder, wie in der Werbung einer Bausparkasse kolportiert, zu den Spießern?
Man wird sehen.