Der Thüringen-Feldzug stand für
2009 noch auf dem Programm. Hierzu hat mal wieder Cheforganisator und Alt-Caveseeker
Pit geladen. Austragungsort sollte der beschauliche Ort Probstzella in Dunkeldeutschland
werden. Das Programm für den heutigen Tag war eine ehemalige Erzgrube, über welche
bisher wenig bis gar nix bekannt war. Hierzu wurde bereits am Vortag der Zustieg
und das eigentliche Objekt der Begierde erfasst. Noch am Parkplatz wurde die ganze
Ausrüstung angerödelt und schon ging es los. Der steile Anstieg hatte zur Folge,
dass man auf halber Stecke erstmal pausieren musste. Wie es der Zufall wollte, kam
unvermittelt der Förster ums Eck gefahren. Geistesgegenwärtig schwärmten alle Caveseekers
aus um sich in Windeseile ein geeignetes Versteck zu suchen. Mit Erfolg. Nach einer
kurzen Checkung, konnte das Missionsziel wieder in Angriff genommen werden.
Auf dem vermeintlichen Gipfel des
Bocksberges angelangt, fand man sich auch gleich vor einer riesigen Schlucht wieder,
welche Unmengen an Abraum und etliche Stollengänge beherbergte. Heutiges Feinziel
war jenes Loch in der Wand, welches nur von oben mit einer waghalsigen Abseilaktion
hätte erreicht werden können. Zu brüchig und damit gefährlich wäre es gewesen sich
hier abzuseilen. Also entschied man sich zu Plan B, der sich allerdings noch in der
Findungsphase befand.
Der Vorläufig Plan sah vor, den
Schieferbruch seitlich im gut 55-Grad-Winkel herabzusteigen - ungesichert. Zur Verfeinerung
in Form eines Seiles hat Herr Härtl umgehend und lautstark beigetragen. Ab hier wurde
sich nach kurzer Lagebesprechung und ohne Schlägerei für eine Aufsplittung der Gruppe
entschieden. Trupp 1 mit dem Klampflführer versuchte am Seil hängend, sich in die
Schlucht vorzukämpfen, während der Trupp zwei unter der Führung von Herrn Bugelmüller
einen 2. Vorstoß durch die Schlucht unternahm. Dieses Unterfangen war, wie sich herausstellen
sollte, nicht ohne Weiteres zu bewältigen, da man auf dem Weg zu Trupp 1 innerhalb
kürzester Zeit vor einer riesigen Wand stand, die Trupp 2 gründlich den Weg versperrte.
Bei genauem Hinsehen, konnte aber der geübte CaveSeeker sofort mehrere große einladende
Löcher erkennen. Das größte Loch ergatterte sich sofort Frau Krannich, welche frohlockend
über die nassen Schieferplatten und Steine hinab in die Tiefe hüpfte, immer auf der
Suche nach dem besonderen Stein! Die Herren Kunz und Philipp ergötzten sich an den
anderen leichter zugänglichen Stollen. Einzig Herr Bugelmüller war mal wieder im
Fotodrang und lebte diesen lüstern aus.
Man entschied sich dazu, den äußerst
rechten Stollen zu befahren, da das große Loch allem Anschein nach nicht weiterführte
und das mittlere Loch nicht ohne Seil befahren werden konnte. Dass Faulheit und Zufall
sehr dicht beieinander liegen, bewahrheitet sich so oft. Im Stollen, der mit 100mm
Wasser geflutet war, konnten einige alte Einbauten und verrostete Gegenstände gefunden
werden. Nach gut 30 Metern gelangt man in eine etwas größere Blase, welche zu einem
Ausgang führt, zu dem Herr Klampfl eigentlich vorrücken wollte. An dieser Stelle
wurden wir auch dringend davor gewarnt den Kopf aus dem Loch zu nehmen, um sich den
Naturschützern nicht zu zeigen. Kurzerhand trat man den Rückzug an, immer auf der
Hut vor steinewerfenden Kindern...
Was währenddessen passierte: Oben am
Bocksberg, begutachteten die Herren Schmolin und Klampfl erst einmal die recht steil
geschichteten und abfallenden Bruchwände. Ein Abseilen direkt über dem in der Wand
erkennbaren Hohlraum würde mit großer Wahrscheinlichkeit das Auslösen einer Gerölllawine
zur Folge haben und schied somit aus. Auch ein Abstieg etwas seitlich dieser Stelle
wurde auf Grund des zu erwartenden gleichen Ergebnisses verworfen. Nun übernahm Herr
Wolfram den Vorstieg am Seil, gefolgt von Herrn Klampfl. Herr Arendt opferte sich
und blieb als Seilwache zurück. Vierzig Meter tiefer, nach Durchseilen eines steilen,
von allerlei Gebüsch und Bäumen gesäumten Hanges, erreichten die Kameraden einen
zehn Meter über dem Trichtergrund liegenden Felsabsatz. Hier wurde ein zweites Seil
befestigt.
Dann übernahm der Truppenführer den
Vorstieg. Eine kleine Schiefergerölllawine auslösend und vorbei an zwei in die Wand
einmündende Stollen ging es hinab auf den Grund des Bruches. Hier bot sich dem Betrachter
ein beeindruckend chaotisches, wie auch gigantisches Bild: Unter den steil aufragenden,
durch schräg geschichtenden Schiefer gebildeten Bruchwänden führten zwei ebenso steil
abfallende, ca. 15m hohe und 20m breite Abbauhohlräume in das Innere des Berges.
Überall an den teils überhängenden Wänden lauerten bis zu Einzelgaragen große Schieferplatten
absturzbereit auf den Besucher.
Der moosüberzogene und auch steil nach
unten führende von Blockwerk bedeckte Grund des Trichters tat sein Bestes, um ein
gewisses Unwohlsein beim Betrachter auszulösen. Auch im Schutt verteilte Knochenreste
konnten hier nicht wirklich beruhigen. Just in dem Moment, als der auf dem Grund
der Dinge befindliche Kamerad Klampfl seinen Blick nach oben zu dem gerade im Abstieg
befindlichen Kameraden Wolfram wendete, nahm dieser einen durch die Luft wirbelnden
Schieferbrocken war, welcher geschätzte fünf Meter neben ihm einschlug.
Erster Gedanke des Herrn Klampfl:
ein natürlich abgebrochener Stein wirbelt nicht. Zweiter Gedanke: das war Absicht.
Erste Reaktion: Schreien:"Was für ein Arschloch schmeißt hier mit Steinen?". Keine
Antwort. Gefühlte 60 Sekunden später doch eine Reaktion vom oberen, gut fünfzig Meter
höher liegenden Bruchrand. In bestem Ossideutsch: "Nu, des is en Nadurschutzjebiet,
do dürft ihr gor nüscht gleddern!" Nun erst fängt der mit einem Stein Beworfene an
zu kochen: "Das gibt dir noch lange nicht das Recht, hier Leute totschlagen zu wollen,
du Ossi. Pass auf, ich komm jetzt rauf und dann zieh ich dir die Ohren lang. Und
die Mauer bauen wir sowieso wieder auf!"
Im Zuge dieser kurzen verbalen Auseinandersetzung
seilte sich Herr Wolfram sofort wieder auf, wenig später gefolgt von Herrn Klampfl.
Der in diesem Moment durch einen der Stollen im Bruch ankommende Trupp 1 wurde noch
gewarnt und zum Rückzug aufgefordert. Als wir dann gefühlte 15 Minuten später den
oberen Rand des Bruches erreichten, war der Steinewerfer natürlich ob der ausgesprochenen
Drohungen schon geflüchtet. Auch Seilwache Arendt - vermutlich kurz eingenickt und
erst durch die Schreie wieder aufgewacht - hatte keine Chance, den Bösewicht zu stellen.
Um noch Schlimmerem vorzu beugen - wie etwa Fahrzeugreifen ohne Luft, einige von
uns haben da so ihre Erfahrungen - eilte man zu den im Tal außerhalb des Naturschutzgebietes
geparkten Mobilen zurück. Hier wurden unsere Befürchtungen zum Glück nicht bestätigt
und einige Zeit darauf fand sich auch der Rest der Kameraden wohlbehalten am Parkplatz
ein.
Fazit des Bedrohten: Im Ossiland wiegt Klettern im (von Menschenhand geformten) Naturschutzgebiet schwerer als versuchter Totschlag.