Den Eingang der Gouffre du Bief Bousset bildet eine recht eindrucksvolle Doline, die sich direkt neben der Straße in einem Graben versteckt. Der Krater ist dürftig mit stark verrosteten Stacheldrahtresten - vermutlich aus dem 2. Weltkrieg stammend - umspannt. Dieser soll wohl Besucher vor einem unfreiwilligen Sturz in die rund 10 m tiefe Eingangsdoline bewahren. Kein Wunder dass die Franzosen haben. Einige Schilder weisen den Höhlenbesucher in feinstem Französisch auf zwei potenzielle Gefahrenquellen hin: zum einen besteht auch in dieser Höhle des Verneau-Systems akute Überflutungsgefahr zum anderen wird man netterweise nach der ersten Abseilstelle auf diebische Franzosen hingewiesen. Besten Dank hierfür!
Hat man festgestellt, dass die Wetterlage stabil sein könnte, so kann man sich sogleich in den ersten Abgrund stürzen. Es geht 10 m hinunter in eine Schlucht. Von dort aus führt eine ca. 1 m breite hohe Spalte in den Untergrund hinein. Bereits beim ersten Vorstoß in die Unterwelt der Gouffre du Bief Bousset wird klar, hier gibt es nicht viel Sinter. Die Spalten der Höhle sind massiv von Wasser geprägt, das mit hoher Geschwindigkeit einen Weg durch das Gestein gesucht hat. Allerdings hat dieses in jahrtausenderlanger Kleinarbeit wunderschöne Fließmuster im Felsen hinterlassen, die sich durch die gesamte Höhle ziehen. Am Boden begleitet ein stetig dahin plätscherndes kleines Rinnsal den CaveSeeker auf seinem weiteren Weg.
Schon war die nächste Abstiegstelle da, es geht im Wasser ca. 2,5 m nach unten, wo man sich anschließend in einer großen Pfütze und gleichzeitig in einer größeren und hohen Halle wiederfindet. Hier sind vor allem die Gesteinsformen beeindruckend. Der Fels hatte sich durch tektonische Verschiebungen derart gewölbt, dass sich eine geometrisch perfekt geformte Steinrolle gebildet hatte, die aus mehreren Schichten besteht. Diese war in der Mitte vom Wasser durchbrochen worden, sodass man die einzelnen Schichten gut erkenne kann.
Weiter geht es durch die mäanderartigen, ausgespülten Spalten, bis zum nächsten Schacht. Diesmal eine ca. 12 m tiefe Schluch, die zunächst in mehreren Stufen und schließlich in einer absolut glatten, vom Wasser ausgespülten, halbrunden Wand ca. 6 m senkrecht nach unten abfällt. Ziemlich eindrucksvoll, vor allem wenn man sich diese zu Wasserhochzeiten vorstellt! Die Gänge werden nun stellenweise enger und der eine oder andere Absatz muss noch überwunden werden.
Schließlich erreicht man eine lange und hohe Halle, die spärliches Vorkommen vertrockneten Sinters aufweist. Zahlreiche herabgestürzte Gesteinsbrocken verhindern ein bequemes Durchschreiten. Füßeheben ist angesagt. Am Ende der Halle begegnet man wieder der Spalte, die einem jedoch deutlich enger vorkommt. Weiter durch ausgespülte Gänge, vorbei an enormen Knochenvorräten, die kurzzeitig Horrorvisionen von riesigen Blutegeln vor dem inneren Auge auftauchen lassen. Doch die Vernunft siegt und man kommt zu dem Schluss, dass die Knochen höchstwahrscheinlich von BSE-verseuchten Kuhkadavern stammen, die der französische Bauer dann doch nicht mehr zu Boeuf Bourguignon verarbeitet hat. Zwischendurch zieht eine etwa 4 m lange, 30 cm abstehende durchsichtige Sinterfahne die Aufmerksamkeit der Höhlenforscher auf sich - leider vollständig trocken.
Nach einiger Zeit kommt man in eine weitere ziemlich matschige Halle. Hier verschwindet das kleine allzeit gegenwärtige Rinnsal einfach in einem Loch im Boden. Am Ende der Halle muss man sich doch tatsächlich aufgrund der Raumhöhe das erste Mal auf seine Knie begeben. Ab hier sind die Räumlichkeiten deutlich kleiner. Nachdem man - verwöhnt von den bisherigen Dimensionen der Höhle - händeringend und letztendlich vergeblich nach mannshohen Spalten gesucht hat, muss man sich geschlagen geben und doch den einzigen Schluf benutzen der sich dort anbietet.
Wer den Schluf erfolgreich durchquert hat, wird mit einem wunderschönen Anblick belohnt. Am Ende des kleinen Raums ergießt sich ein Wasserfall über schöne Sinterformationen und mündet in ein Wasserbecken, das von Sinter umgeben ist. Hier befindet sich auch ein Siphon, der in den nächsten Raum führt. Wer den Siphon auslassen will, kann auch mit ein wenig Kletterei den Weg zum Collecteur fortführen. Von oben kann man dann auch die andere Seite des Siphons besichtigen.
Ab hier gibt es nun zwei Möglichkeiten in den nächsten und wohl bisher schönsten Raum zu gelangen. Entweder man folgt rechterhand dem Wasser, das in einem größeren Wasserbecken endet - dies funktioniert jedoch nur mit akrobatischer Seiltanztaktik. Ansonsten muss man ein unfreiwilliges Bad nehmen, oder man nutzt den linkerhand liegenden engen Schluf, der allerdings relativ kraftaufwendig ist. Hat man es nun in den nächsten Raum geschafft, ist der Blick frei auf eine atemberaubende wasserüberspülte Sinterterrassen-Landschaft, die sich über mehrere Ebenen und Stufen erstreckt.
Fazit: Ein Besuch der Gouffre du Bief Bousset ist absolut lohnenswert.